Tímea Németh und ihr Ehemann Ádám adoptierten zwei Kinder mit Down-Syndrom. Samu ist viereinhalb Jahre alt, Hange ist fünf Monate alt. Ihre Eltern wollen andere Menschen darauf aufmerksam machen, dass ein behindertes Kind nicht nur Sorgen bereitet, sondern auch enorm viel Glück mit sich bringt. Mit Tímea sprach ich darüber, was die Erziehung eines Kindes (in diesem Fall zwei Kinder) mit Down-Syndrom bedeutet.

Woher kam die Idee mit der Adoption?

Als ich gerade mit meinem Diplom zum Sozialarbeiter beschäftigt war, ergab sich die Möglichkeit im Übergangsheim der Down-Stiftung zu arbeiten. Bis dahin hatte ich noch nie behinderte Menschen gesehen, und an meinem ersten Probetag verliebte ich mich so in deren Welt, dass ich mich entschied mit ihnen arbeiten zu wollen. Irgendwann einmal brachte meine ehemalige Arbeitgeberin als Pflegemutter einen Jungen mit Down-Syndrom nach Hause und der Gedanke ein Kind mit Down-Syndrom zu adoptieren entstand. Als ich meinen Ehemann kennenlernte, planten wir zwei leibliche Kinder und später ein Adoptivkind mit Down-Syndrom. Dann vergingen die Jahre und wir hatten immer noch kein eigenes Kind. Als Laien wussten wir über die Adoption, dass sie ein jahrelanger Prozess ist und so beantragten wir sie vorsorglich.

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Was ergriff dich in Menschen mit Down-Syndrom?

Ich ging zu meinem ersten Probetag und sie empfingen mich mit so großer Liebe, sie waren so selbstlos und aufrichtig, dass mich ihre Welt sofort ergriff. Ich hatte immer nur mit Erwachsenen zu tun, auch nach meiner Ausbildung zur Heilpädadgogin arbeitete ich nie mit behinderten Kindern.

Findest du es gut, wenn dein Kind auch solch ein Erwachsener wird?

Sie sind auch Individualitäten, etwas anders als die Anderen, aber in diesen Menschen gibt es ein Plus, was wir brauchten. Wir sind in einer besseren Lage, als die Eltern, die bei der Geburt erfahren, dass ihr Kind Down-Syndrom hat. Über die Möglichkeiten der Entwicklung und darüber, was auf sie als Erwachsenen warten kann, haben wir ein klares Bild. Viele  Eltern haben Angst davor, was mit ihrem Kind passieren wird, wenn sie sterben. Ich arbeitete von vornherein mit Erwachsenen, einige von deren Eltern leben nicht mehr, ich finde es nicht furchtbar.

Was ist der Unterschied zwischen einem Baby mit Down-Syndrom und einem gesunden Baby?

Die Erfahrung mit meinen Kindern zeigt, dass man nicht die ganze Nacht wach bleiben muss, sie schlafen gut, sind ruhig, weinen nicht so viel, man kann sie sehr leicht trösten. Daneben haben sie Muskelhypotonie, ihre Muskeln sind schwach, deshalb passiert alles später. Mein Sohn war ein Jahr alt, als er zu sitzen begann, und mit 19 Monaten fing er an zu gehen. Man könnte sagen, dass sie sich langsam entwickeln, man könnte aber auch sagen, dass sie länger Kind sind.  Wir müssen an verschiedenen Entwicklungsbehandlungen teilnehmen, aber auch wenn ich aber ein gesundes Kind hätte, würde ich es zur musikalischen Früherziehung und zum Babyschwimmen bringen. Wir gehen zum Spezialisten, er turnt mit ihnen und ich passe auf, um es zu Hause nach zu machen. Sichtbar ist, dass die Augen schräg sind, die Beine ein bisschen kurz, der Kopf hinten abgeflacht, und dass sie eine Stupsnase haben. Sie sind mittelmäßig geistige behindert, aber das weicht je nach Individuum ab.

Mit welchen anderen Krankheiten ist es verbunden?

Häufig kommen Herzkrankheiten – auch im Fall meiner Tochter -, Probleme mit der Verdauung und mit der Schilddrüse vor. Der Gehörgang ist enger, aus diesem Grund sind sie für Mittelohrentzündung anfälliger, und die Augen sind nicht immer perfekt.

Was kann ein Erwachsener mit Down-Syndrom erreichen?

Es hängt von seinen geistigen Fähigkeiten ab und wie viel Entwicklungsbehandlung er bekam. Es gibt Menschen, die zum selbstständigen Leben und zur Arbeit fähig sind, aber das ist nicht typisch. Viele können mit Anderen in einem Heim zusammenleben und an einem geschützten Arbeitsplatz arbeiten. Sie vertragen die Monotonie, sind fleißig, ausdauernd und zu einfacheren, angelernten Arbeiten fähig. Es gibt viele Ausprägungen.

Lernen sie sprechen, schreiben, lesen?

Einige schon, andere nicht. Heutzutage ist ihre Entwicklung besser, die Heilpädagogen sehen mehr in ihnen, viele junge Menschen können schreiben und lesen. In den älteren Generationen ist es seltener, weil es damals nicht vorausgesetzt wurde. Mein Sohn redet noch nicht so gut, er sagt nur einige Wörter, aber durch Zeigen kommuniziert er gut, auch fremde Leute verstehen ihn.

Was hältst du davon, dass die Untersuchungen während der Schwangerschaft in Ungarn fast ausschließlich auf die Bestimmung des Down-Syndrom-Risikos hinausgehen?

Ich finde es den Menschen mit Down-Syndromen nicht fair gegenüber. Die Untersuchungen sind in manchen Fällen fehlerhaft, manchmal wird es nicht erkannt, in anderen Fällen wird es fehldiagnostiziert. Das größte Problem ist aber, dass bei der Geburt viel schwerwiegendere Verletzungen passieren können. In der Klasse meines Sohnes gibt es einige Mütter, bei denen alle Untersuchungen durchgeführt wurden und das Kind trotzdem das Down-Syndrom hat.

Wenn heutzutage ein solches Kind heute geboren wird, was wird den Eltern im Krankenhaus gesagt?

Samu

Man sagt ihnen, dass sie es nicht akzeptieren müssen, wenn sie nicht wollen. Dann kann ich nicht die Eltern beschuldigen, wenn sie ihr Baby dort lassen. Wenn jemand unvorbereitet ein Kind mit Down-Syndrom zur Welt bringt und von den Ärzten hört, dass eine Abtreibung das Beste gewesen wäre, und dass ein Kind mit Down-Syndrom lebensunfähig ist, dann ist es selbstverständlich, dass man daran zerbricht.

Es ist ein Wunder, dass Familien, die nur negativen Kommentare bekommen, trotzdem ein Baby mit Down-Syndrom nach Hause nehmen. Es wäre ganz anders, wenn die Ärzte sagen würden, dass das Kind sich zwar langsamer, aber immerhin entwickelt und dass man mit ihm oder ihr ein vollkommenes Leben haben kann.

Wenn jemand ein Baby mit Down-Syndrom zur Welt bringt, weiß meistens nicht darüber Bescheid?

Ja, ich denke schon. Häufig wird es abgetrieben, wenn sich die Behinderung herausstellt. Ich habe nur sehr wenige Bekannte, die das Kind trotzdem bekommen haben, obwohl sie es schon während der Schwangerschaft wussten.

Stimmt es, dass die Ehe scheitert, wenn ein behindertes Kind geboren wird?

Manchmal ja, aber dann denke ich, dass sie sich früher oder später sowieso getrennt hätten. In sehr vielen Fällen stärkt es die Familie, sie verbringen mehr Zeit zusammen, weil man auf ein Kind mit Down-Syndrom besser aufpassen muss.

Bei der Adoption wolltet ihr unbedingt ein Baby mit Down-Syndrom?

Ja, so meldeten wir es an. Wir wussten nicht, wo wir das auf das Formular schreiben sollten. Wir machten eine kleine Bemerkung, dass wir unbedingt ein Baby mit Down-Syndrom möchten. Das Kinn fiel runter, sie waren sehr überrascht. Der Psychologe wunderte sich darüber, dass wir so jung sind, obwohl wir 30 Jahre alt waren, und diese Kinder werden im 18. Jahresalter nicht ausfliegen. Wir sind keine verbitterte Familie, für die es nach zahlreichen erfolglosen Versuchen im IVF-Baby-Programm die letzte Chance ist, wir waren froh gelaunt, weil wir in dieser Zeit dachten, dass wir noch leibliche Kinder haben können. Alle waren sehr hilfsbereit, und seitdem bekommen wir übermäßig viel Hilfe. Wir haben noch keine schlechte Erfahrung mit unseren Kindern gemacht.

Im Januar beantragten wir die Adoption, im März ist unser Sohn geboren, aber erst Anfang Mai konnten wir ihn mit nach Hause nehmen, weil erst dann alle unsere Papiere fertig wurden. Samu war bis dann in einem Säuglingsheim. Inzwischen lernten wir Éva Steinbach kennen, die versucht, Down-Syndrom-Babys zu vermitteln. Von ihr wussten wir bereits, dass Samu geboren ist.

Wie viel wisst ihr über den Hintergrund von Samu?

Es war die geheime Form der Adoption, nach der Geburt verzichteten seine Eltern auf ihn. Ihre Eltern sind Intellektuelle, er ist ein IVF-Baby, sie haben lange auf ein Baby gewartet und wegen des Down-Syndroms lehnen sie ihn ab. Wir schätzen sehr, dass sie diese Entscheidung trafen. Für unseren Sohn war das die beste Lösung. Wir sind sehr dankbar, weil ich denke, dass sie während dieser gewollten Schwangerschaft sehr gut auf ihn aufgepasst haben.

Im Allgemeinen ist es übrigens bei solch einem Fall am besten, wenn die leiblichen Eltern direkt eine Familie für das Kind suchen, anstatt es in die Adoptionsmaschinerie zu geben. Wenn das Kind nämlich einmal drin ist, kommt es selten vor, dass genau dann jemand ein Kind mit Down-Syndrom möchte.

Ist deinem Ehemann die Entscheidung für ein Kind mit Down-Syndrom ebenso leicht gefallen?

Ja. Er ist, genau wie ich, Sozialpädagoge, und beschäftigt sich auch beruflich mit Behinderten. Gegen die Adoption hatte er keine Einrede, sie war zwar meine Idee, aber ich musste ihn nicht überzeugen.

Und die weiteren Familienmitglieder?

Die musste ich überzeugen. Es fiel ihnen schwer, die Adoption und besonders die Behinderung zu akzeptieren. Sie hatten die üblichen Gegenargumente: wir übernehmen uns, was wird aus uns werden, wir opfern uns auf, werden keine Zeit mehr als Paar genießen können und das dürfte man nicht machen. Dann bestand Samu die Probe, gerade macht er bei meinen Schwiegereltern Urlaub. Obwohl sie am Anfang Angst vor dem Unbekannten hatten, haben sie ihn sehr ins Herz geschlossen.

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Was ist an einem Baby anders als an einem Erwachsenen mit Down-Syndrom?

Ich sehe ein Baby und nicht das Baby mit Down-Syndrom. Sie sind süße Babys, sie lächeln, man kann mit ihnen kuscheln…

Heutzutage besteht ein großer Wettkampf zwischen den Eltern: Wessen Kind lernt zuerst laufen, reden, Fremdsprachen…

Daraus versuche ich mich rauszuhalten. Natürlich beobachte ich die Kinder in der Gruppe von Samu, aber der Unterschied unter den Kindern mit Down-Syndrom ist so groß, dass die Entwicklung des Kindes nicht damit im Zusammenhang steht, wie viel sich die Eltern mit ihm beschäftigen. Unser Sohn begann alles später, er redet noch nicht, er lernt noch nicht so schnell. Im Vergleich zu anderen Down-Kindern ist es jedoch liebenswerter, er ist ein Clown, es hat ein Plus in sich. Und deswegen gibt er seiner Umgebung so viel, dass niemand ihn kritisiert, warum er im Kindergarten nicht zeichnet, oder nicht Volkstanz tanzt.

Zu was für Entwicklungsbehandlungen hast du ihn gebracht?

Im Frühinterventionszentrum kamen Samu noch Entwicklungsbehandlungen zu, wir nahmen an individuellen und Gruppentätigkeiten teil, und er begann schon früh zu schwimmen. Jetzt besucht er einen integrierten Kindergarten, in dem alle Kinder zusammen sind, dort bekommt er Entwicklungsbehandlungen und nachmittags gehen wir oft ins Frühinterventionszentrum, lernen schwimmen und machen Musik. Mit Hanga gehen wir nur einmal pro Woche zur individuellen Behandlung und zur Gymnastik, zu Hause sollte ich täglich 4-5 Mal mit ihr turnen, aber häufig kommen wir nicht dazu, weil sie den ganzen Tag schläft.

Braucht man spezielle Vorkenntnisse um diese Kinder zu erziehen?

Sie brauchen Liebe und man muss sich viel um sie kümmern. Obwohl ich Heilpädagogin bin, lerne ich es ebenso wie andere Mütter im Austausch mit anderen Familien. Zum Glück gibt es viele Gruppen, Mailinglisten für Eltern mit Kinder mit Down-Syndrom. Für mich war das unglaublich große Hilfe am Anfang, die anderen Eltern gaben mir Auskunft, welche Sozialleistungen uns zustehen, was und wie man alles erledigen muss – das hätte ich alleine nicht geschafft.

Kennst du viele Familien mit einem Kind mit Down-Syndrom?

Ja, aber wir passen darauf auf, dass wir nicht nur mit ihnen zusammenkommen. Samu hat auch nicht-behinderte Freunde und wir fühlen uns in beiden Umgebungen gut. Man braucht eine Gesellschaft mit Down-Syndrom, um etwas Ähnliches, wie unsere Situation zu sehen, aber man braucht ebenso eine Gesellschaft mit gesundem Kindern, weil es gut zu sehen ist, dass es den anderen Kindern nichts ausmacht, dass er viele Freunde im Kindergarten hat, dass ihm die größeren Kinder helfen, dass er nie ausgeschlossen ist.

Wie sind die anderen Mütter mit Kinder mit Down-Syndrom?

Am Anfang sind sie enttäuscht, weil sie das so nicht planten. Aber wenn sie es verarbeitet haben, sind sie fantastische Mütter.

Was sagen Familien ohne behinderte Kinder zu eurer Adoption?

Zum Glück wurden wir leicht akzeptiert, nur eine Bekannte brach aus diesem Grund die Beziehung ab. Uns haben eigentlich nur nette Kommentare erreicht.

Wenn ihr auf einem Spielplatz seid, sehen die Anderen, dass er Down-Syndrom hat?

Es gab Zeiten, in denen es mich sehr störte, dass die Anderen glaubten, dass mein dreijähriges Kind ein süßes Einjähriges ist, weil er wesentlich kleiner war, als die Gleichaltrigen. Er ist noch immer klein, als Vierjährige braucht er Kleidung für Zweijährige – aber meistens werden wir nett aufgenommen. Es ist vorstellbar, dass sie das Down-Syndrom im Allgemeinen für eine Tragödie halten – aber nicht, wenn sie an uns denken

Wie sehr hängt ihr eure Adoption an die große Glocke?

Mittlerweile gar nicht mehr. Am Anfang erzählten wir es in mehreren Situationen, weil wir dachten, man aus unserem Beispiel lernen kann, aber häufig hielten sie uns für Helden, was mein Ehemann und ich überhaupt nicht gerne hören mochten. Wir sind keine Heiligen. Wir adoptierten nicht zwei Kinder mit Down-Syndromen, um sie zu retten, damit sie nicht in einem Erziehungsheim aufgewachsen müssen, sondern damit sie Teil unserer Familie werden. Wir sind eher eigennützig, wir brauchen die Kinder.

Es gibt Situationen, in denen man sowieso erzählen muss. Häufig wurden wir gefragt, ob wir über das Syndrom während der Schwangerschaft Bescheid wussten – in solchen Situationen muss man es gestehen. Die Eltern im Kindergarten erfuhren erst von der Adoption, als Hanga kam.

Hat sich Samu gut in den Kindergarten eingelebt?

Ja, er kannte ja schon das Leben in einer Kinderkrippe und er geht gerne in den Kindergarten.

Was kann Samu mittlerweile?

Er badet und isst allein, er ist trocken. Er kann mit Autos spielen, knetet mit Knetmasse, baut und kritzelt gerne. Er verhält sich gerne wie ein Clown und er ist sehr nett und nicht nachtragend. Wenn mein Mann und ich uns etwas angespannter und lauter unterhalten kommt er um sich zu entschuldigen.

Hanga

Was für eine Schule wird er besuchen?

Ich denke, dass er eine spezielle Schule für geistig Behinderte besuchen wird. Den integrierten Kindergarten wählten wir sehr bewusst aus, weil die Integration eine gute Sache ist. Er soll mit anderen Kindern kooperieren können, aber eine Sonderschule kann ihm mit den speziell für ihn gestalteten Methoden viel geben.

Habt ihr ein erfülltes Leben mit Samu?

Ja. Wir gehen wandern, nehmen an Kinderprogrammen teil, machen Urlaub – ganz ähnlich wie andere Familien.

Wann wird diesen Kindern bewusst, dass sie anders sind?

Es hängt von ihren geistigen Fähigkeiten ab, aber die Mehrheit der Erwachsenen mit Down-Syndrom, die ich kannte, wusste nicht, dass sie anders sind.

Sprecht ihr über die Adoption?

Ja. Aber wir wissen nicht, ob es was bringt, weil er nicht antwortet, geschweige denn zurückfragt.

Woher kam die Idee des zweiten Kindes?

Die Zeit verging und wir hatten immer noch kein leibliches Kind. Wir informierten Éva Steinbach, dass wir noch eine Schwester für Samu wollen und gerne ein Mädchen adoptieren würden, wenn ein leibliches Kind nicht zustande kommt. Es war dann eindeutig für uns, dass wir ein Baby mit Down-Syndrom wollen, wenn es um Adoption geht.

Warum?

Die erste Adoption gelang sehr gut. Wir dachten uns, wenn wir nicht mehr leben, dann haben sie sich immer noch einander und können sich aufeinander immer stützen, es beruhigt mich, dass sie zusammenleben können. Im Frühling sagten wir ihr, dass wir an Untersuchungen teilnehmen, die herausfinden sollen, warum wir kein eigenes Kind haben, und wir ermunterten sie ab Anfang des neuen Jahres ein Kind zu suchen, denn bis dahin werden wir die Ergebnisse haben. Éva rief uns bereits im Sommer an, dass es ein Mädchen gibt. Es war der Geburtstag meines Ehemannes und er war sehr begeistert. Die Eltern bevorzugten die offene Form der Adoption, aber wir hatten noch keine Papiere, wir meldeten uns auch erstmal nicht zur Adoption an. Das Jugendamt schlug die temporäre Adoption vor, das bedeutet wir sind die Vormünder des Mädchens werden, bis unser Beschluss fertig wird, danach können wir sie adoptieren. Es dauert einige Monate. Hanga war einige Wochen lang bei Pflegeeltern, von da holten wir sie ab.

Was wisst ihr über ihre leiblichen Eltern?

Ich bedauerte sie sehr. Hanga ist auch ein IVF-Baby, die Mutter erwartete Drillinge. Die Eltern wollten eine Schwester für ihren Sohn, deshalb nahmen sie am IVF-Programm teil, mit Hilfe des Programms wurden zwei Jungen und Hanga als Frühgeburt geboren. Sie leben in einem sehr kleinen Dorf, von Frühchensmaßnahmen weit entfernt, deshalb verzichteten sie lieber auf sie, damit sie bei uns eine bessere Umgebung hat.

Habt ihr Kontakt zu ihren Eltern?

Ja, per Telefon und im Internet, weil sie sehr weit weg wohnen. Es war eine sehr schwere Entscheidung für sie. Ich spürte, dass sie nur das Beste für ihre Tochter wollten, und in einem kleinen Dorf und mit drei anderen Kindern hätten sie es nicht geschafft.

Überstand Hanga die Frühgeburt ohne Sorgen?

Ja, sie hat keine ernsthaften Probleme, nur ihr Herz ist nicht so gut.

Was sagte Samu dazu?

Wir hatten ein bisschen Angst, weil Samu bis dahin der Mittelpunkt der Familie war, alles ging so, wie er es wollte. Wir wohnten gemeinsamen mit meinen Eltern in einem Haus, die ihn total verwöhnten, deshalb wollten wir einen Bruder oder eine Schwester. Wir hatten wenig Zeit ihn vorzubereiten, weil wir es noch nicht planten, und er machte gerade bei seinen Großeltern Urlaub, als wir die Nachricht erhielten. Er fasste es unglaublich gut auf. Wenn er die Familienmitglieder aufzählt, zählt er immer Hanga mit, er streichelt sie, gibt ihr Essen, fasst ihre Saugflasche, es gefällt ihm sehr, wenn ich Hangas Windeln wechsle, er akzeptiert, dass sie auch zur Familie gehört. Natürlich ist er eifersüchtig, aber nicht auf uns. Er akzeptiert, dass Hanga immer auf dem Arm ist, aber wenn ein Gast kommt, dann versucht er sich aufzudrängen. Er entwickelte sich aber nicht zurück, er macht sich nicht in die Hose.

Hanga lebte zuerst im Krankenhaus, dann bei Pflegeeltern und jetzt bei euch. Siehst du irgendwelche Folgen davon?

Ich weiß nicht, sie ist noch so klein und schläft fast den ganzen Tag. Ich beschäftige mich mehr damit, ob ihr ihre beiden Zwillingsbrüder fehlen. Wir bemühen uns um sie.

Möchtet ihr noch Kinder?

Nein. Inzwischen wurden alle Untersuchungen durchgeführt, es kam raus, dass wir kein organisches Leiden haben. Wir möchten jetzt auch keine Kinder mehr, die Familie ist jetzt vollständig. Ich spüre, dass wir alles haben.

Wen hältst du für geeignet, ein Kind mit Down-Syndrom zu adoptieren?

Ich denke, wer für die Adoption eines Kindes geeignet ist, ist ebenso für die Adoption eines Kindes mit Down-Syndrom geeignet, ich denke nicht, dass es eine größere Verantwortung wäre. Man muss damit rechnen, dass die Entwicklungsbehandlung keine Option ist, sondern sie ist unerlässlich. Ich lege eine solche Adoption übrigens jedem ans Herz, weil die Kinder sehr viel Liebe geben können. Wer sich aber danach sehnt, das schönste, geschickteste, klügste Kind zu haben, dem schlage ich es nicht vor. Der Unterschied ist gar nicht so groß, das sind alles Babys.

Aus dem Ungarischen von Papp Zsófia

Lektoriert von Charlotte D.